In beinahe allen Interviews mit Bozner Migrant_innen-Vereinigungen wurde als Form der Zusammenarbeit untereinander das Völkerfestival (festa dei popoli) in Bozen genannt. Seit 2011 findet dieses im Frühsommer auf den Bozner Talferwiesen statt. An verschiedenen Ständen präsentieren sich die Migrant_innen-Vereinigungen aus Bozen, Speisen aus den Heimatländern der Migrant_innen werden angeboten und auf einer Bühne tragen Gruppen traditionelle Tänze – meist in traditioneller Kleidung – vor.
Die Rumänische Gemeinde beim Völkerfestival 2015:
Das Völkerfestival ist aus den Festivals zum „Welttag der Migranten und Flüchtlinge“ entstanden, die in den Jahren 2007 bis 2010 jeweils im Jänner stattfanden. Bereits in diesen Anfangsjahren wurden von einigen Gruppen traditionelle Tänze vorgeführt – dieses Element der Veranstaltung blieb über die Jahre hinweg erhalten. Durch den Erfolg dieser ersten Veranstaltungen und die Zusammenarbeit einiger Migrant_innen-Vereinigungen wurde das Fest in den Jahren 2008 und 2009 auf dem Bozner Gerichtsplatz veranstaltet. 2011 schließlich fand das Völkerfestival, das Pendants in Verona und Trient als Vorbild hatte, zum ersten Mal auf den Bozner Talferwiesen statt. Im Jahr 2015 feierte es bereits seine fünfte Auflage, aus den anfangs 15 mitwirkenden Nationen wurden 26. Für das Jahr 2016 wurde das Völkerfestival aus „verschiedenen wichtigen Gründen“ abgesagt, wie auf der Webseite nachzulesen ist. Nach jetzigem Stand ist eine Fortführung der Veranstaltung im Jahr 2017 geplant.
Ein unvollständiges Bild der Südtiroler Migrationsnetzwerke
Auf dem Fest wird interkulturelle Begegnung ermöglicht, allerdings erscheint in der Praxis das Auftreten eher als ein Nebeneinander, weniger als ein Zusammenspiel der Migrant_innen verschiedener Nationalitäten. Dieser Anschein wird auch durch die streng nach Vereinigung und Nationen abgetrennten Verkaufs- bzw. Informationsstände und Darbietungen auf der Bühne verstärkt. Auf dem Völkerfestival wirken viele Vereinigungen wie reine Folkloregruppen – dies ist aber meist nur ein Tätigkeitsfeld unter vielen, wie die Interviews mit den Vorsitzenden der Vereine erkennen ließen. Das Bild der Südtiroler Migrationsnetzwerke, das bisher auf dem Völkerfestival gezeichnet wurde, ist daher ein unvollständiges. Nichtsdestotrotz soll die Bedeutung des Völkerfestivals insbesondere als Ort des Kennenlernens und der Kontaktaufnahme nicht geschmälert werden.